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  • Paroditis wird häufig unterschätzt. Beugen Sie vor mit einer regelmäßiger Prophylaxe

Parodontitis – eine verharmloste Volkskrankheit

Wenn man zufällig zu dem Thema Parodontitis, oder auch gerne Parodontose genannt, miteinander ins Gespräch kommt, kann man oft hören, dass das vollkommen normal sei.

Das Zahnfleischbluten, das schmerzhafte Ziehen am Zahnfleisch beim ersten Schluck kalter Getränke, das geschwollene Zahnfleisch kennt jeder.

Selbst die „längeren Zähne“ mit zunehmendem Alter und ein Zahnverlust, wenn man ein bestimmtes Alter überschritten hat, werden als unabwendbar hingenommen.

Dabei ist daran nichts normal. Denn eine ausgeprägte Parodontitis entspricht einer Entzündungsfläche in der Größe eines Handtellers.

Somit würde man eine Entzündung dieser Größe, die nicht mehr heilt und immer wieder blutet, ebenfalls als „vollkommen normal“ bezeichnen“. Das aber würde sicher niemand tun.

Das ist ein Grund für mich, das Thema „Parodontitis“ einmal näher zu betrachten.

Zumal etwa 60 Prozent aller Deutschen unter einer mehr oder weniger ausgeprägten Parodontitis leiden. Deswegen zählen wir Zahnärzte sie auch zu den großen Volkskrankheiten.

Ohne Bakterien wären wir Menschen nicht lebensfähig

Lassen Sie mich ein bisschen ausholen und mit den „Außenflächen“ des Menschen anfangen.

Dazu zählen die Haut als größtes Organ des Körpers sowie der gesamte Verdauungstrakt – also alle Schleimhäute der Mundhöhle, der Speiseröhre und des Darms bis zu seinem Ausgang.

Diese Flächen sind bei jedem von uns ab dem Moment der Geburt dicht mit Bakterien und anderen Mikroorganismen besiedelt, ohne die wir gar nicht leben könnten und deren Existenz als völlig normal anzusehen ist.

Die Bakterien sind nicht nur wesentlich an unserer Verdauung beteiligt, sie beeinflussen auch den gesamten Stoffwechsel des Menschen.

Jedes Individuum besteht neben menschlichen Zellen zu einem nicht unerheblichen Anteil aus Bakterienzellen.

Das macht deutlich, wie wichtig eine möglichst komplexe und damit stabile Zusammensetzung an Bakterienstämmen ist. Ist dieses System im Gleichgewicht, hat unser Immunsystem wenig Arbeit mit den körpereigenen Bakterien.

Jetzt kann es sich gut um Infektionen kümmern, die von außen auftauchen.

Gerät diese Zusammensetzung aber aus dem Gleichgewicht, drohen chronische Erkrankungen. Schuld daran können einseitige Ernährung, unkontrollierte Antibiotika-Einnahmen oder übersteigerte Hygienemaßnahmen sein.

Bei einem unausgewogenen System bekommen schädliche Bakterien von außen mehr und mehr die Oberhand, und unser Immunsystem ist stark damit beschäftigt, unseren Körper vor den schädlichen Keimen zu schützen.

Somit stehen weniger Reserven für die Bekämpfung anderer gesundheitlicher Probleme zur Verfügung.

Ursachen für Parodontitis

Wie oben erwähnt, ist auch unser Mund dicht mit Bakterien besiedelt. Doch wie kommt es, dass daraus eine entzündlich bedingte Erkrankung – eine Parodontitis – entstehen kann?

Vier Faktoren spielen hier eine große Rolle:

  • Die Zusammensetzung der bakteriellen Arten im Mund
  • Die Möglichkeiten für Bakterien, sich an den Zähnen festzusetzen und zu organisieren
  • Die Reaktion unseres Immunsystems auf die bakterielle Besiedelung
  • Die genetische Veranlagung des entsprechenden Menschen

Bakterien unterscheiden sich in ihrer Schädlichkeit für uns durch verschiedene Eigenschaften. Manche haben die Fähigkeit, auch ohne Sauerstoff leben zu können, was ihnen die Vermehrung unterhalb des Zahnfleischrandes, in den Zahnfleischtaschen, ermöglicht.

Es gibt Arten, die sich besonders gut an der Zahnoberfläche anlagern und festsetzen können und dann anderen Bakterienarten die weitere Anlagerung erst ermöglichen.

Einige Bakterienarten wiederum sind starke Säureproduzenten, welche durch ihre Stoffwechselprodukte die Zahnoberfläche schädigen und auflösen können.

Letzere sind dann nicht die klassischen Parodontitiserreger, die die Zahnfleischprobleme verursachen, sondern Bakterienkomplexe, die Karies verursachen.

Es geht also bei der entzündlichen Ursache der Parodontitis immer um die Bakterien, welche sich auf den Zahn- oder Wurzeloberflächen anlagern.

Sich dort organisieren und im Verbund mit anderen Arten zu einer sogenannten Plaque heranwachsen.

Dieser Biofilm ist DER hervorragende Nährboden für Bakterien.

So eine Plaque braucht im Mund circa 24 Stunden, bis sie beginnt, ihre schädlichen Auswirkungen zu entfalten und kann nur mechanisch von den Zähnen entfernt werden.

Spüllösungen oder Zahnpflegegummis sind nicht in der Lage, die bakterielle Besiedelung vollständig zu entfernen.

Wenn eine Entzündung unausweichlich ist

Jetzt wird das Immunsystem so richtig aktiv. Es versucht, die Fremdkörper zu eliminieren und ruft dazu alle verfügbaren Kräfte, sprich Antikörper, auf.

Abwehrzellen wandern zu dieser Stelle hin und Flüssigkeit tritt aus den kleinen Blutgefäßen in Richtung des betroffenen Gewebes aus.

Es kommt zu einer Gewebeschwellung und –rötung durch die gesteigerte Durchblutung im entzündeten Gewebe.

Das erkennen Sie an den Schwellungen und der erhöhten Empfindlichkeit, sprich dem häufigen Zahnfleischbluten.

Leider schaffen es die Immunabwehrzellen jedoch nicht, ausschließlich die Fremdkörper und die Bakterien zu bekämpfen.

Sozusagen als „Kollateralschaden“ kommt es dabei auch zum Absterben von Gewebezellen, wodurch bei der Parodontitis die zahntragenden Gewebe geschädigt und teilweise abgebaut werden.

Die Folge ist ein langsamer und chronischer Abbauprozess des zahnumgebenden Kieferknochens.Sowie einer sekundären Zerstörung des sogenannten Wurzelzements, an welchem die zahnhaltenden Sharpey-Fasern angewachsen waren.

Dieser Verlust an Knochen und Wurzelzement fallen dem Patienten erst dann auf, wenn das darüber liegende Zahnfleisch „zurückgeht“ oder die Zähne „länger werden“.

Irgendwann werden die Zähne schließlich locker, beginnen zu wackeln und sind dann oft auch nicht mehr zu retten.

Einer Parodontitis vorbeugen

Nun sagen viele Patienten: „Ich putze mir doch schon jeden Tag zweimal die Zähne! Was soll ich denn noch machen?“

In der Regel wird eine handelsübliche Zahnbürste oder elektrische Zahnbürste zum Reinigen der Zähne verwendet. Mit dieser ist es möglich, die Außenflächen der Zähne und auch die Kauflächen weitgehend von der bakteriellen Plaque zu befreien.

Aber der Zahn hat insgesamt fünf Flächen, wovon Sie nur drei der oben erwähnten sehen können. Die beiden anderen sind die Flächen, die zwischen den Zähnen liegen.

Es ist erwiesen, dass ein Großteil der Plaque in den Zahnzwischenräumen sitzt.

Die Bakterien können dort ganz unbehelligt von jeder Zahnbürste über Jahre hinweg überleben und chronische Entzündungen hervorrufen und diese dauerhaft unterhalten.

Teilweise sitzen die bakteriellen Beläge auch im Randbereich zwischen Zahn und Zahnfleisch, wo sie bei der häuslichen Mundhygiene teils auch nicht vollständig entfernt werden können.

Die logische Frage ist nun: „Wie kommt man an diese Stellen heran? Können das herkömmliche Zahnbürsten erreichen?“

Regelmäßige professionelle Zahnreinigung

Meine Antwort: „Dies ist mit den Ihnen bekannten elektrischen oder manuellen Zahnbürsten nicht vollständig möglich. Die Borsten der Zahnbürsten dringen nicht bis in die Interdentalräume vor.“

Was hier allerdings hilfreich sein kann, ist die Anwendung von Interdentalbürstchen und von Zahnseide bei sehr engen Zwischenräumen.

Bei einer konsequenten täglichen Anwendung können Sie schon viele Bakterien abtöten. Sie erinnern sich daran, dass Plaque etwa 24 Stunden benötigt, um sich zu festigen.

Je regelmäßiger dieser Belag entfernt oder minimiert wird, desto größer ist die Chance, dass darin lebende Bakterien abgetötet und ausgespült werden.

Aber es gibt Stellen, da kommen Sie mit Ihren häuslichen Zahnpflegeinstrumenten nicht hin.

Es handelt sich hierbei um die Zahnfleischtaschen. Diese sind bei einem gesunden Gebiss in der Regel maximal zwei Millimeter tief.

Je mehr sich das Zahnfleisch entzündet und zurückzieht, desto tiefer werden sie und desto mehr Platz bieten sie Bakterien.

Diese Bakterien sollten dann im Rahmen einer professionellen Zahnreinigung bei Ihrem Zahnarzt entfernt werden.

Dort werden mit speziellen Instrumenten und Pulverstrahlgeräten die Konkremente und Bakterienansammlungen in den Taschen und zwischen den Zähnen entfernt.

Die Zahnoberfläche wird geglättet sowie durch die Anwendung von Fluorid- oder anderen Härtegelen widerstandsfähig gegen neue Bakterienangriffe gemacht und bietet dadurch weniger Halt für neue Bakterien.

Die Häufigkeit der professionellen Zahnreinigung wird im Gespräch mit Ihrem Zahnarzt entsprechend der individuellen Notwendigkeit festgestellt.

Falls Sie allerdings bereits an einer Parodontitis erkrankt sein sollten, ist die professionelle Zahnreinigung häufiger notwendig, als wenn Sie bei Ihnen nur zur Prophylaxe durchgeführt wird.

Wann bei Ihnen jeweils eine professionelle Zahnreinigung sinnvoll ist, legen wir gemeinsam nach der Untersuchung im persönlichen Gespräch fest.

Bildnachweis: Depositphoto

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